Jedes Jahr lese ich über die schon berühmten Mountainbiketouren im Tourenbladl und immer wieder denke ich, vielleicht nächstes Jahr. Deshalb überraschte mich Anfang diesen Jahres mein Mann mit der Mitteilung, er habe mich übrigens für die Bergradltour angemeldet, damit ich nicht wieder jammern würde, dass ich zu wenig zum Radlfahren käme. "O.K.", dachte ich mir, "im schönen Engadin wollte ich schon immer mal radeln!" Abschreckend war nur noch die Bemerkung zweier erfahrener Bergbundlerinnen: "Du fährst dieses Jahr bei dieser Höllentour mit?" Aber Lisa bestärkte mich immer wieder, dass ich es schon schaffen würde.
Endlich kam das ersehnte Wochenende, früh um fünf Uhr brachen wir in Rosenheim auf. Die Wetterprognosen für das Wochenende versprachen nicht wirklich gute Aussichten, aber was ist schon ein gutes Wetter in diesem Sommer, es regnete zumindest nicht, als wir losfuhren. Es wurde auch immer schöner und wir erreichten die Schweiz bei Sonnenschein. 1. Tag: Sur En – Uina – Sesvenna – Müstair – Sta. Maria
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Erster Abwurf |
Vor der Alm Uina Dadaint |
Die Uinaschlucht war landschaftlich gigantisch, der Weg so schmal und in den Felsen gehauen, dass ich an manchen Stellen froh um das Geländer war, das mich vor dem Abgrund schützte. An einem riesigen Schneehaufen nahmen wir Frauen sehr dankbar die männliche Unterstützung an. Zum Schluß noch ein kurzes, eher flacheres Stück, das zum Großteil befahrbar war und wir erreichten die Sesvennahütte zur wohlverdienten Mittagspause. Wir stärkten uns mit Spagetthi und Minestrone und tranken einen südtiroler, nicht italienischen Cappucino, wie der Wirt betonte.
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Glückliche Hühner |
In der Uina-Schlucht |
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Engstelle |
Verständlich... |
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Ob sie an Martini denken? |
Regenschauer |
Es folgte eine lange, nicht zu schwierige Abfahrt ins Tal. Ein kurzer, aber zum Glück der einzige Regenschauer auf der ganzen Tour zwang uns, die Regenjacken anzuziehen. Bald war aber schon wieder Klamottenwechsel angesagt, da die Sonne doch recht warm schien. Die letzten Kilometer zurück in die Schweiz zogen sich zwar nicht steil, aber mit konsequenter Steigung auf einer Forststraße dahin, bis wir in dem historischen Ort Müstair ankamen. Dort deckten wir uns in einem sehr ansprechenden Bioladen mit Spezialitäten der Region für das Frühstück ein. Lisa verführte uns noch zu einigen Schweizer Schokoladeneinkäufen. Endlich erreichten wir unser Tagesziel Sta. Maria.
Wir nächtigten sehr luxeriös in der Jugendherberge, die sich in einem sehr schönen historischen Gebäude befand. Maxl erkundigte sich gleich, wo man gut Essen gehen könnte und die Empfehlung war der Schweizer Hof. In unserem doch sehr sportlichen Outfit waren wir gespannt, ob wir Einlass finden würden. Aber die freundliche Bedienung, die persönliche Begrüßung durch den Hotelchef und nicht zuletzt natürlich die hervorragende Schweizer Küche überzeugten uns, so dass wir gleich wieder einen Tisch für den nächsten Abend reservierten.
Am nächsten Tag hieß es wieder früh aufstehen denn die anstrengenste Etappe erwartete uns. Und es begann auch sofort steil den Umbrailpass hinauf. 1400 HM bis auf 2503 m schlängelte sich die asphaltierte Straße in eigentlich recht angenehm befahrbaren Serpentinen hinauf. Oben angekommen bot sich uns ein wunderschöner Ausblick. Nicht weit entfernt sahen wir das Stilfser Joch. Die Verschnaufpause war aber nur kurz, denn unseren höchsten Punkt hatten wir noch nicht erreicht, ca. 250 HM fehlten noch auf den P. Forcola. Nun mussten wir die Straße verlassen und folgten einem Singletrail. Unter uns konnten wir noch lange den Verlauf der Straße des Stilfser Jochs beobachten. Der Trail war für die Männer gut befahrbar, für uns Frauen nur teilweise. Aber das letzte, sehr steile Stück zum Pass hinauf war für alle nur mit einem großen Kraftaufwand schiebend zu bewältigen. Ich musste oft daran denken, dass die Schweizer mit dem Wort stoßen nicht Unrecht haben.
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Trail |
Etwas viel Schnee... |
Die Aussicht auf dem Pass wäre glaube ich atemberaubend gewesen, schade dass die Wolken uns den Ausblick auf die umliegenden Gipfel versperrten. Wieder waren wir auf historischem Boden. Hier verlief im Ersten Weltkrieg die Frontlinie zwischen Italienern und Österreichern und Kasematten und Schützengräben erzählen davon. Nun wären wir eigentlich mit einer Abfahrt ins Valle di Fraele belohnt worden, aber riesige Schneefelder bedeckten unseren Weg und das bedeutete, die Räder durch die Schneemassen nach unten zu schieben. In Radlschuhen eine nicht sehr trockene Angelegenheit. Reiner und ich setzten deshalb unsere Regenüberschuhe ein. Schließlich wurden wir doch noch mit unserer Abfahrt belohnt, die aber auch nicht für jeden, besonders für mich, immer befahrbar war. Rechtzeitig zur Mittagessenszeit erreichten wir die Stauseen. Enttäuscht stellten wir fest, dass das Ristorante noch nicht geöffnet hatte. Aber wir wirkten wohl so ausgehungert, dass die Wirtin extra für uns eine leckere Minestrone servierte, die eigentlich als Mittagessen für ihre Helfer gedacht gewesen war, die das Restaurant auf die Saisoneröffnung vorbereiteten.
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Wo lang.. |
Geht es gut? |
Die kommende Fahrt entlang der Stauseen war recht entspannend. Nun kam die große Entscheidung: "Wer möchte noch ein besonderes Schmankerl über die Fuorcola del Gal fahren?" Der Entschluss war schnell gefasst. Wir Frauen verzichteten auf diese Herausforderung und so konnten sich die Männer noch einmal richtig austoben. Wir Frauen fuhren gleich ins Val Mora. Das Wetter zeigte sich von seiner sonnigen Seite und wir genossen die ruhige Fahrt durch das wunderschöne Val Mora. überraschend schnell holten uns die Männer ein und es lag nur noch eine lange Abfahrt nach Sta Maria vor uns. Maxl meinte: "Wenn wir Andrea jetzt die Bremse aushängen, sind wir in einer halben Stunde in Santa Maria!" Ich erreichte auch mit Bremse das Tal und nach einer gepflegten Dusche verbrachten wir wieder einen gemütlichen Abend im Schweizerhof.
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Blumenpracht |
Val Mora |
Am letzten Tag durften wir eine viertel Stunde länger schlafen. Wieder vollgepackt mit unserem gesamten Gepäck ging es zunächst zurück nach Müstair und dann auf einer gut befahrbaren Forststraße hinauf zur Alp Terza. Wir hatten immer einen herrlichen Ausblick ins Tal. Was uns besonders beeindruckte, war die herrliche Blumenpracht in der Schweiz. Plötzlich endete unser Weg direkt vor einer Almhütte. Nach einigem Suchen und einer steilen Schiebstrecke fanden wir unseren Weg wieder und teils fahrend, teils schiebend kamen wir schließlich nach Lü, wo wir uns noch einmal bei einem leckeren Mittagessen für die letzte Etappe stärkten.
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Müstair |
Wadln... |
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Bei Lü |
Noch einmal in die Karte schauen |
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Letzte Meter zum Übergang |
Val S-Charl |
Nach Lü ging es wieder hinauf auf die Alp Campatsch. Immer wieder bewunderten wir die Landschaft und stellten fest, dass die Schweiz schon etwas Besonderes hat. Endlich erreichten wir unseren höchsten Punkt und es ging nur noch abwärts. In S-Charl, einem idyllischen Bergdorf gönnten wir uns einen letzten Kaffee und rollten dann zurück ins Tal. Ab Scuol fuhren wir über den Inntalradlweg zurück nach Sur En. Dort beendeten wir diese wunderschöne Tour.
Mir hat es viel Spaß gemacht!
Vielen Dank an Maxl für die tolle Tourenvorbereitung.