Tag 4: Espresso Gruppe
Die Lawinenlage entspannte sich von Tag zu Tag, so dass am vierten Tag im Passeiertal „nur" noch ein Altschneeproblem vorherrschte und das Thema Triebschnee halbwegs in den Hintergrund trat. Die Südtiroler Tourengruppe, die wir am Vortag auf dem Weg zur Schwarzwandscharte trafen, hatte uns es ja schon prophezeit, dass die Hohe Kreuzspitze mit ihren 2743m ein lohnendes, gut machbares Ziel darstellen sollte. Auch die Gruppe vom SAT Trento, die ebenfalls im Gasthaus Schönau einquartiert war, bestätigte dies.
Tags darauf, im Vorraum des Gasthofs erfuhr ich jedoch, dass die anfänglich mit 5-6 Teilnehmern besetzte Espresso-Gruppe rund um Stefan über Nacht erheblichen Schwund erfahren hatte. Ich stellte fest, dass ich neben Jörg, der Tourenführer bei den Geddinger Snowriders ist, die einzige war, die von den Espresso-Aficcionados übrig blieb. Kurz überlegte ich, ob ich mich nicht noch schnell beim Peter in die Tour auf die Zermaidscharte einreihen sollte. Aber nein, ich kannte die Tour zur Hohen Kreuzspitze ja schon vom letzten Jahr, als ich mit dem Schauer Heinz unterwegs war und damals herrschte richtiges Waschküchenwetter mit Null Sicht. Der heutige Tag hingegen zeigte sich von seiner besten Seite, stahlblauer Himmel und endlich angenehme Temperaturen, so dass ich mit zwei Funktionsshirts auskam. Also ging ich das Wagnis ein, mit zwei Tourenleitern unterwegs sein. Ich hatte noch den steilen Anstieg ins Schartl im Gedächtnis, so dass ich mich innerlich darauf einstimmte, mir ein Skidepot einzurichten, bevor es ganz steil wurde.
Zunächst ging aber es sanft ansteigend über den Forstweg zur unteren Gostalm. Dort war mir schon gehörig warm, so dass ich mich meiner warmen Fleecejacke entledigte. Dann ging's landschaftlich wunderschön durch lichten Lärchenwald rechts des Bachs hinauf in einen Stopselzieher. Einfach toll. Nun kamen wir zu einem Plateau, nahmen ein paar Schluck warmen Tee zu uns und weiter ging’s ins Kar. Stefan riet uns, schon vorher die Harscheisen anzulegen, die natürlich im flachen Gelände recht bremsten. Aber aus Erfahrung ist es immer gut, sie rechtzeitig und stressfrei anzulegen, als weiter oben im Steilhang.
Nun ging’s zügig, Spitzkehre um Spitzkehre hinauf ins Schartl. Ich blieb bei meinem Plan und lies Jörg und Stefan weiterziehen, drehte auf 2650m um, und fuhr - immer noch mit den Harscheisen an den Skiern- ein wenig ab bis zu einem Punkt, wo ich einen guten Stand hatte.
Dort fellte ich ab und fuhr auf hinab auf ein wunderschön sonniges Plateau, wo ich ausgiebig die Wärme und das Panorama genoß, denn letztes Jahr hatte ich aufgrund der schlechten Sicht rein gar nichts mitbekommen.
Die Jungs querten nach der Scharte weiter auf die Ratschingser Seite der Hohe Kreuzspitze und eroberten den Gipfel. Da ich aber keine gute Skifahrerin bin, ersparte ich mir den Nervenkitzel, insbesondere die hakelige Abfahrt vom Schartl.
Nach einer ausgiebigen Brotzeit auf dem besagten Plateau traf ich wieder auf Jörg und Stefan und gemeinsamen fuhren wir dann durch den Lärchenwald hinab zur Schneeberger Brücke, dem Ausgangspunkt unserer Tour. Stellenweise hatten wir sogar richtig guten Pulver und ein bisserl Firn. Eine schöne Abschlusstour in einem herrlich einsamen und sehr ursprünglichen Tal zwischen Jaufenpass und Timmelsjoch. Ich fahre bestimmt wieder hin.