Aber dann entspannt sich die Lage zum 1. Juli doch noch deutlich und wir kaufen rasch entschlossen ein Bahnticket. Maskiert und in schwach besetzten Zügen fahren wir über Mailand und Turin nach Susa. Spät abends kommen wir dort an und unser Pensionsherr ist so freundlich, uns direkt am Bahnhof abzuholen. Ja, die Pensionswirte sind auch wieder froh, wenn Gäste kommen, aber es ist sicher nicht nur der Geschäftssinn.
Wir haben uns dazu entschlossen, aus den vorliegenden Alternativen der ursprünglichen GTA von Susa aus in Richtung Salbertrand zu folgen. Für uns eine gute Gelegenheit zum Einlaufen, denn die ersten zwei Tage würden noch wenig Höhenunterschied bringen. Unser Plan war es, diesmal durch die Cottischen Alpen bis zum Monviso zu gehen, der uns ja schon seit längerem in die Augen stach, und dann einmal rundherum, damit wir auch ja alles sehen würden. Wie gesagt, das war der Plan.
Ganz gegen unsere Gewohnheit haben wir auch bereits für die ersten fünf Nächte unser Quartier gebucht, denn so sicher sind wir uns doch nicht, wie es laufen würde. Zuerst einmal sieht es aber so aus, als würde der Plan schon nach den ersten Stunden scheitern. Wie wir bereits aus der Beschreibung wissen, ist die Strecke an einer Stelle zwischen Susa und unserem ersten Etappenziel Ruinas blockiert. Hier erfolgen geologische Untersuchungen für eine Hochgeschwindigkeits-Strecke durch das Tal, die heftigen Widerstand von Seiten der Bevölkerung hervorrufen, weil es bereits eine Autobahn und eine normale Bahnstrecke im Tal gibt. Was aber hinter einer Kurve auftaucht, schockt uns dann doch ein wenig. Gut fünf Meter hoch sind die Absperrungen aus dicken Stahlträgern und Baustahlgewebe. Das sieht eher aus wie eine Panzersperre. Nun gut, im Führer steht ja, dass wir nach rechts eine Umgehung finden sollten.
Steil geht es bergauf, durch lichten Kastanienwald, aber hier könnte eben alles Weg sein, oder aber auch nur Ziegenspuren. So sind wir froh, als wir nach einer Weile Stimmen hören und gehen darauf zu. Unter uns taucht wieder die Absperrung auf und davor stehen mitten im Wald fünf sichtlich gelangweilte Polizisten. Ich frage nach der Fortsetzung der GTA, aber keiner spricht Englisch und mit unseren Rucksäcken werden wir misstrauisch begutachtet. Dann verlangt einer der Polizisten unsere "Documenti", während ein anderer mit der MP im Anschlag auf uns zukommt. Das schaut nicht gut aus. Der Capo führt ein Telefongespräch und bedeutet uns, zu warten. Eine Weile später tauchen drei weitere Polizisten auf, diesmal in Zivil. Die Dokumente werden gezeigt, aber wieder versteht keiner Englisch, und mit unserem wenigen Italienisch versuchen wir zu erklären, warum wir hier sind, fragen nach der GTA und zeigen die Karte, auf der alles eingezeichnet ist. Aber es interessiert keinen.
Wieder wird eifrig mehrmals telefoniert und dann lautet die Auskunft, unterstrichen von nicht gerade freundlichen Bewegungen, dass wir zurückgehen müssen. Sollte hier schon Schluss sein? Mehr aus der Not sage ich, dass wir vorreserviert hätten, und zeige den Namen des Agriturismo. Wieder wird telefoniert und dann heißt es ganz knapp, dass wir weitergehen können. Wer soll das verstehen? Ist den Herren im Wald einfach nur langweilig? Wie auch immer, wir sind recht erleichtert. Nach dem Weg fragen wir nicht mehr und stoßen dann wenig weiter wieder auf Markierungen, die uns auf einem der alten Saum- und Höhenwege nach Ruinas bringen. Eine schöne Gumpe nutzen wir noch zur Rast und zu einem kleinen Bad.