Kurz vor dem Start stellte es sich heraus: Aus der Mannschaft war eine reine "Frauschaft" geworden, weil zwei
männliche Teilnehmer leider krankheitsbedingt absagen mussten. Und so startete die Tour am 20.07.2002. Wieder einmal hatte sich erwiesen, dass die
angekündigten 1800 Höhenmeter pro Tag von der Einteilung der Etappen her nicht ganz machbar war. So stand bereits am ersten Tag ein ordentlicher
"Schlauch" mit der Fahrt von Rosenheim zum Waldparkplatz, am Traithen vorbei durch das Nesseltal zum Zipfelwirt und über den Elandsattel zur Erzherzog-Johann-Klause an.
Damit nicht genug ging es von dort aus weiter die letzten 7 Kilometer bis zum Gufferthaus.
Daher war ein zeitiger Aufbruch angesagt, so dass wir bereits um 6:00 Uhr auf dem Sattel saßen. Noch morgenfrisch das Einrollen bis nach
Brannenburg. Die ersten Schweißtropfen verlangte der Weg nach St. Margarethen hinauf. Vorbei am Ponyhof ging die Fahrt hinunter zur alten Mühle
und weiter zum Stausee an der Sudelfeldstraße. Um die Zeit noch fast unbelästig von Autos rollten wir hinein bis zum Waldparkplatz. Ein erster
Müsliriegl, dem einige folgen sollten, spendete die Energie für den langen Anstieg zur Baumgartenalm und die anstrengende Trageetappe
ins Himmelmoos. Kaum ein Ort in unseren Bergen verdient meiner Meinung nach seinen Namen so, wie dieser.
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Erste Stärkung am Waldparkplatz |
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Vom Waldparkplatz zur Baumoosalm |
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Mit herrlichen Blicken auf den Kaiser und die Zillertaler erreichten wir die Steilner Almen mit der Jagdhütte von Gunther Sachs. Der alte Senner auf einer der Hütten
verkaufte uns eine kleine Brotzeit und erzählte ein paar kurzweilige Geschichten, die er mit den Jagdherren erlebt hatte.
Dann wurden die Räder hinuntergeschoben, bis wir den Anschluss an die Forststraße im Nesseltal hergestellt hatten. Die Abfahrt war ja sehr schön,
aber ein wenig bedauerten wir doch den Verlust von Höhe, weil wir ja alles später wieder rauf mußten.
Ab dem Zipfelwirt reihten wir uns in die Kolonne der Vielen ein, die den angenehmen Übergang über den Elandsattel ins Tal der Valepp
nahmen. In dem endlosen Gewirr von Forststraßen in diesem Gebiet ist das Radl das einzig vernünftige Forbewegungsmittel. Hier zu Fuß zu
gehen, käme mir nicht in den Sinn. Schon etwas ausgelaugt erreichten wir am späten Nachmittag die Erzherzog-Johann-Klause. Ein ordentlicher Apfelstrudel
und einige Getränke, zum Abschluß ein schöner Kaffee weckten die Lebensgeister wieder etwas. Wir hätten uns das letzte Stück zwar alle ganz
gerne gespart, aber dann hätte es mit dem Folgetag wieder schlecht gepaßt. Also kletterten wir erneut auf die Räder und folgten der endlos scheinenden Straße
zur Gufferthütte. Im Schein der untergehenden Sonne erreichten wir dann die Hütte. Die letzten Meter waren hart gewesen, jetzt freuten wir uns auf das
Abendessen. Leider war die Vorfreude am Abendessen das Beste. Noch selten habe ich einen dermaßen lieblosen Stampf gegessen, wie auf der Gufferthütte.
Dass die Hütte reichlich gut belegt war, kann nicht als Entschuldigung dafür gelten.
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Abfahrt vom Gufferthaus |
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Imponierender Blick auf das Karwendel kurz vor der Rotwandlhütte |
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Am nächsten Tag war die Anstrengung des Vortages noch nicht ganz vergessen, so dass die lange Abfahrt vom Gufferthaus hinaus ins Achental willkommener
Auftakt war. Aber wie immer, die Relation Abfahrt zur Auffahrt ist und bleibt schlecht. Schon bald warteten 800 Höhenmeter hinauf zur Rotwandlhütte
auf uns. In nicht zu steiler Fahrt leitet die Forststraße in die Höhe, immer im dichten Wald, bis plötzlich der Blick frei wird über den
Sattel, in dem einige Almen und die Rotwandlhütte stehen, hinüber auf die imponierenden Wandfluchten des Karwendels.
Die verdiente Brotzeit vor dieser Kulisse schmeckte doppelt so gut, bevor es dann wieder hinunterging ins Bächental.
Manu und Lisa hatten beschlossen, den Tag ruhig ausklingen zu lassen, mit einem guten Kaffee in Fall und gemütlicher Fahrt entlang des
Sylvensteinspeichers nach Vorderriß. Ich aber hatte im Moser Radlführer die Tour rund um die Mondscheinspitze gelesen und irgendetwas war da
hängen geblieben. Also beschloss ich, das Baumgartenbachtal wieder hinaufzufahren und über den Fleischbanksattel in das Rißbachtal zu wechseln.
Der Führer neigt zwar etwas zur literarischen Übertreibung, aber dieser Weg hat es doch in sich, zuerst die lange, steile Auffahrt und dann
eine richtig ausgewachsene Trageetappe. Ist man dann aber auf der Rißbachseite, kann man wenn auch vorsichtig über den wunderbaren Singletrail
immer wieder längere Abschnitte befahren. Und auch die seilgesicherte Stelle ist keine abstrakte Methode
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Selbstmord zu begehen. Für einen
einigermaßen trittsicheren Bergsteiger ist die Sache auch mit dem Rad am Buckel gut zu begehen. Schon seit einiger Zeit beobachtete ich mit Sorge die
Gewitterwolken, die sich über den Laliderer Wänden auftürmten. Die Trittfrequenz wurde davon nicht unerheblich beeinflußt. Dennoch ließ die
schlechte Straße ab der Grasbergalm keine Hast zu. Gerade noch rechtzeitig bevor es zu schütten begann, erreichte ich das Rißtal und konnte mich an
der Mautstelle unterstellen, bis das Ärgste vorüber war. Auf dampfender Straße kam ich dann nach Vorderriß ins Gasthaus Post. Dort
hatten wir im Touristenlager vorzügliches Quartier. Auch die Frauen hatten sich beim "Sonnenbaden" etwas verspätet und waren durch das Gewitter
ordentlich abgekühlt worden. So kam die heiße Dusche doppelt recht. Ein erstklassiges Abendessen rundete den Tag ab.
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Am nächsten Morgen war es deutlich kühler geworden. Über dem Karwendel zogen dichte Wolken herum. Dennoch sah es nicht nach baldigem Regen aus,
so dass wir beschlossen, die "Königsetappe" anzugehen. Mittlerweile ist die Tour rund um die Karwendelspitzen ja ein Radklassiker und an
schönen Wochenenden kaum mehr zu empfehlen. Aber es ist ja auch zu verstehen, zu zahlreich sind die landschaftlichen Höhepunkte auf dieser Tour.
Wir hatten noch den kleinen Bonus der Anfahrt bis Hinterriß, bevor wir in die Tour auf dem Weg zu den Vereinalmen einstiegen. Nach einigem Auf und Ab
bietet eine Bachdurchquerung reichlich Anlaß zu einer Abkühlung. Je nach Jahreszeit reicht die Abkühlung bis an die Knie. Wieder rein mit den
feuchten, sandigen Füßen in die Socken und dann über eine steile Rampe hoch zu den Vereinalmen.
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Abkühlung auf dem Weg zur Vereinalm |
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Über die (F)Vereinalm |
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Vor einigen Jahren duch eine Lawine seltener Ausmaße zerstört steht dort die mittlerweile wieder neu erbaute Krinner-Kofler-Hütte und
lädt zur Brotzeit. Wir aber liesen die Radl nach Mittenwald hinuntersausen, versorgten uns dort bestens mit Lebensmitteln und legten uns dann zu
ausgiebiger Rast in die Isarauen zwischen Mittenwald und Scharnitz.
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Mittlerweile war es gut Mittag geworden, die Sonne zeigte sich immer mehr und der Weg durch das Karwendeltal zum Karwendelhaus zog sich.
Die Tage vorher hatten auch ihre Spuren hinterlassen und so war am Hochalmsattel schnell die Entscheidung getroffen, dass der Zusatz
über die Falkenhütte und die Laliderer Reisen bei aller landschaftlichen Güte nicht mehr zur Debatte stand. Jeder war recht froh, dass
es von hier fast nur noch bergab ging. Zuerst holprig in den kleinen Ahornboden, dann durchs Johannistal, zuletzt
auf Asphalt nach Vorderriß. Wieder war ein Tag vorbei, die Beine konnten hochgelegt werden.
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25 km durch das Karwendeltal zum Karwendelhaus |
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Auf 1800m am Hochalmsattel war es sehr zugig |
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Trinkpause vor der Soierngruppe |
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Die letzte Etappe sollte uns über die Jochbergalm nach Krün, von dort das Isartal entlang ein Stück Richtung Wallgau und dann über den Galgenwurfsattel
zum Walchensee und in die Jachenau bringen. Von hier wollten wir nach Lenggries fahren, um mit dem Zug nach Rosenheim zurück zu kommen.
Das Wetter paßte wieder, keine Wolke am Himmel. Das ausgiebiege Frühstück des Gasthauses Zur Post lag noch etwas im Magen, als wir die Räder aus
der eigenen Radlgarage des Gasthauses holten. Sogar eine Radlwerkstatt steht dem Gast zur Verfügung, wir brauchten sie zum Glück nicht.
Lange ist die Auffahrt zur Jochbergalm, aber die abwechlsungsreiche Fahrstrecke mit kurzen Tragepassagen und vielen schönen Ausblicken
läßt die Fahrt kurzweilig erscheinen. Zuletzt taucht die Soierngruppe im Blickfeld auf. Auch ein gutes Ziel für eine Führungstour?
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Wieder im Isartal angelangt staunt man über die Schwemmlandschaft bei der Fahrt entlang des Flusses mit Blick auf die Zugspitze. Eine letzte Auffahrt zum Galgenwurfsattel
verlangt nochmal die Zähne zusammenzubeißen, dann geht die Fahrt hinunter zum Walchensee, der wie eine Fata Morgana blitzblau in der Berglandschaft
liegt. Trotz des Wochentages herrscht in den vielen Badebuchten entlang des Sees Hochbetrieb und auch wir tauchen in das frische Kühl des Sees
ein. Leider ist der Besuch an einem Cafe, dessen Kuchen von der letzte Tour noch in bester Erinnerung sind, ein Flop. "Heute Ruhetag". Aber
schnell ist Ersatz gefunden und wir stärken uns für die letzten Straßenkilometer nach Lenggries. Auch hier gäbe es noch eine landschaftlich
interessante Variante über die Röhrmoosalm, aber der Bedarf an Höhenmeter unsererseits ist deutlich gedeckt. Gerade wenige Minuten
vor der Abfahrt erreichen wir den Bahnhof und empfinden die kulturelle Segnung einer Bahnreise als echten Fortschritt.
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Blick aus den Isarauen auf die Zugspitze |
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Über dem Walchensee |
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